Spiritueller Text

„Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar die Winde und der See gehorchen?“ Matthäusevanglium 8, 27

Die christliche Tradition ist nicht irdischen Ursprungs. Was die Christen so sorgfältig bewahren, ist keine Erfindung eines Sterblichen […] In Wirklichkeit hat der Allmächtige selbst, der Schöpfer aller Dinge, der Unsichtbare, hat Gott selbst bei den Menschen die Wahrheit aufgerichtet; er hat aus den hohen Himmeln sein Wort, den heiligen, unergründlichen Logos, gesandt und in ihren Herzen verankert.

Er hat nicht etwa, wie gar mancher glauben könnte, einen Untergebenen gesandt, einen Engel, oder einen der Geister, die mit irdischen Angelegenheiten betraut sind, oder einen, dem die Verwaltung des Himmels anvertraut ist (vgl. Eph 1,21), sondern tatsächlich den Erbauer und Architekten (vgl. Hebr 11,10) des Universums. Durch ihn hat Gott die Himmel geschaffen, durch ihn hat er dem Meer seine Grenzen gesetzt; seine geheimnisvollen Gesetze beachten in Treue alle kosmischen Elemente; von ihm hat die Sonne ihre Bahn empfangen, in der sie sich auf ihrem täglichen Lauf bewegen muss; ihm gehorcht der Mond, der die Nacht erhellt; ihm gehorchen die Sterne, die den Mond auf seiner Bahn begleiten. Von ihm haben alle Dinge ihre Position, ihre Grenzen und Rangordnungen erhalten: die Himmel und alles, was darin ist; die Erde und alles auf der Erde; das Meer und alles im Meer; Feuer, Luft, Hölle, die Welt oben und die Welt unten und was dazwischen liegt. Ihn hat Gott zu den Menschen gesandt.

Er hat es getan, nicht etwa, wie ein menschliches Gehirn annehmen könnte, um eine Tyrannei und Schreckensherrschaft zu errichten und Entsetzen zu verbreiten – keineswegs! Sondern in lauter Güte und Sanftheit hat er ihn gesandt, wie ein König seinen Sohn sendet (vgl. Mt 21,37), wie Gott, der er ja war: um sie nicht durch Gewalt, sondern durch Überzeugung zu retten. Es gibt in Gott keine Gewalt.

Der Brief an Diognet (um 200 n.Chr.),§7; PG 2, 1174-1175

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Die Enzyklika „Laudato si“ – Papst Franziskus

1. “Laudato si’, mi’ Signore – Gelobt seist du, mein Herr”, sang der heilige Franziskus von Assisi. In diesem schönen Lobgesang erinnerte er uns daran, dass unser gemeinsames Haus wie eine Schwester ist, mit der wir das Leben teilen, und wie eine schöne Mutter, die uns in ihre Arme schließt: “Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.”[1]

2. Diese Schwester schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat. Wir sind in dem Gedanken aufgewachsen, dass wir ihre Eigentümer und Herrscher seien, berechtigt, sie auszuplündern. Die Gewalt des von der Sünde verletzten menschlichen Herzens wird auch in den Krankheitssymptomen deutlich, die wir im Boden, im Wasser, in der Luft und in den Lebewesen bemerken. Darum befindet sich unter den am meisten verwahrlosten und misshandelten Armen diese unsere unterdrückte und verwüstete Erde, die „seufzt und in Geburtswehen liegt“ (Röm 8,22). Wir vergessen, dass wir selber Erde sind (vgl. Gen 2,7). Unser eigener Körper ist aus den Elementen des Planeten gebildet; seine Luft ist es, die uns den Atem gibt, und sein Wasser belebt und erquickt uns.

Nichts von dieser Welt ist für uns gleichgültig

3. Vor mehr als fünfzig Jahren, als die Welt am Rand eines Nuklearkrieges stand, schrieb der heilige Papst Johannes XXIII. eine Enzyklika, in der er sich nicht damit begnügte, einen Krieg abzulehnen, sondern einen Vorschlag für den Frieden unterbreiten wollte. Er richtete seine Botschaft Pacem in terris an die gesamte „katholische Welt“, fügte aber hinzu: „und an alle Menschen guten Willens“. Angesichts der weltweiten Umweltschäden möchte ich mich jetzt an jeden Menschen wenden, der auf diesem Planeten wohnt. In meinem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium schrieb ich an die Mitglieder der Kirche, um einen immer noch ausstehenden Reformprozess in Gang zu setzen. In dieser Enzyklika möchte ich in Bezug auf unser gemeinsames Haus in besonderer Weise mit allen ins Gespräch kommen.

Die gesamte Enzyklika ist hier zu finden.

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